Lass dein Herz sprechen

"Bauch sagt zu Kopf ja, doch Kopf sagt zu Bauch nein Und zwischen den beiden steh ich", singt Mark Forster in seinem Song Bauch und Kopf - und ja, ich kann diese Zeilen nur zu gut verstehen. Als Fotograf steht man ganzoft genau zwischen den zwei Punkten. Man denkt zu viel, spürt zu wenig. Man vergleicht sich ständig mit all den Fotografen, deren Bilder man auf Instagram und Co. konsumiert. Dadurch geht viel verloren – vor allem das Herz.
Kopf vs. Herz
Der Kopf übernimmt das Kommando, hat sich die Posen gespeichert, den Bildlook, die Tipps der anderen. Sicher sind das nicht immer schlechte Tipps, auf keinen Fall, aber wenn alle immer nur das Gleiche machen, wo bleibt dann mein ICH? Wo bleibt meine Handschrift? Das, was mich auszeichnet? Das, was ich eben genau anders mache als andere? Es versteckt sich im Herzen und nicht im Kopf.
Die Bilder, die wirklich berühren, die nicht wie Styled Shoots aussehen, die aus dem Moment entstehen, die man nicht planen kann – das sind die, die aus dem Herzen kommen. Und das hat viel mehr mit Können zu tun als das Kopieren von anderen Fotografen. Klar, habe ich auch ganz oft darüber nachgedacht, ob ich das auch machen muss beziehungsweise will, aber irgendwie fehlt für mich da immer etwas. Die Bilder, die ich sehe sind total schön und sprechen sicher viele Menschen an, aber ich finde es fehlt ihnen die Seele. Ich will Menschen in natürliche Situationen bringen, damit sie so sind, wie sie sind, sie sich so bewegen, wie sie es auch sonst tun würden, sich so zeigen, wie sie sich lieben. Ich will dem Bild eine Seele geben.
Vertraue dem Fotografen
Manchmal funktioniert das sicher besser, manchmal weniger gut. Was den Unterschied macht? Der Kopf. Vor allem Erwachsene machen sich viel zu viele Gedanken über "wie sitzen meine Haare“, "den Pickel musst du wegretuschieren“, "diese Gesichtshälfte mag ich nicht so gern“, aber genau das führt dazu, dass man steif wird und sich verstellt. Es kommt nicht darauf an wer du sein willst, sondern darauf, wer du bist. Du. Mit all deinen Macken, mit all deinen Falten und mit deinem Herzen.
Gerade Brautpaare haben oft eine genaue Vorstellung, was man alles auf einem Bild haben will, wie die Bilder aussehen sollen, sie machen Posen, die sie bei anderen gesehen haben. Lasst euch eins sagen: vertraut dem Fotografen. Schaltet euren Kopf aus und das Herz an. Wenn es ein guter Fotograf ist, wird er erkennen, welche Momente festgehalten werden müssen und das sind meist die, die ihr euch so nie erträumt habt. Und dass ich das als wirklicher Planfreak einmal sage, hätte ich wohl selbst nicht gedacht, aber vielleicht hat mir gerade das Fotografieren gezeigt, dass gerade durch die unerwarteten Dinge, die schönsten Geschichten entstehen. Ich habe auf alle Fälle dazugelernt.
Lass' dein Herz sprechen
Wenn du also "einfach“ dein Herz sprechen lässt, dann wird man das auf den Bildern erkennen, genauso wie ich als Fotografin lernen muss, genau dieses Herz in alles zu packen, was ich tue. Das ist anstrengend für den Kopf und für das Herz, denn man verfällt schnell in "zu viel denken“ und in "zu wenig fühlen“. Es ist einfacher Posen abzuarbeiten als Menschen in natürliche Situationen zu bringen und echte Momente hervorzukitzeln.
Wie ich das jetzt anstelle meinen Kopf und den meiner Kunden auszuschalten? Ich versuche viel zu reden - ok, wer mich kennt, der weiß, dass mir das nicht so schwer fällt – aber das hilft. Die Geschichten der Menschen inspirieren mich und man erkennt in den Augen und den Gesten, welche Emotionen der Mensch damit verbindet. Dadurch, dass er gerade an ganz was anderes denkt, vergessen sie ganz, dass ich Fotos machen. Sie lassen mich ein Stück weit in ihr Seelenleben.
Ein Shooting - ganz anders als gedacht
Eine Familie, die das super gemacht hat, die ihr Herz sprechen hat lassen und ganz auf mich vertraut haben, waren diese fünf Herzensmenschen. Eigentlich war ich da, um ein Newbornshooting zu machen, aber ich liebe es Kinder zu fotografieren und deshalb habe ich noch entschieden, dass wir alle eine Runde Blumen pflücken gehen. Ich habe auf mein Gefühl vertraut. Und während wir gewartet haben, bis alle fertig sind, gab’s noch eine kleine Wasserschlacht. Alles ganz und gar nicht so geplant, dafür mit umso mehr Herz.

















